Wolfgang Lorenz Gedenkpreis für internetfreie Minuten
2009

Die Change als Change begreifen.

In einer großen Verleihgala (Facebook Event, Twitter tag: #wolo09) wurden am 14. November 2009 um 20 Uhr im Wiener Figurentheater Lilarum jene Menschen ausgezeichnet, die im letzten Jahr durch Wort und Tat völlig unqualifizierte Statements gegen das Informationszeitalter abgeliefert haben. Es war ein Lobesschwanengesang auf die kommunikationstechnologiefeindlichsten und kulturpessimistischsten Distinktionsgewinnler! Und -innen!

Die hochkarätige Fachjury:

- Jana Herwig, Medienwissenschaftlerin
- Manfred Bruckner, Wissensmanager
- Ingrid Brodnig, Journalistin/Falter
- Thomas Thurner, Quartier für digitale Kultur



Die Jury musste sich zwischen realitätsfremden Leitartiklern, angeblichen Basisdemokratlern und auch sonst allerlei denkwürdigen Meinungen entscheiden.

Im Rahmen der triumphale Abendshow in Wien (gehostet von Johannes Grenzfurthner, monochrom) kamen auch diverse Ehrengäste zu Wort:

- Heinz Wittenbrink, Medienwissenschaftler
- Christoph Chorherr, Die Grünen
- Franz Ablinger, Student und Experte
- Martin Leyrer, IT-Journaille
- Andreas Klinger, ein Socialist
- Evelyn Fürlinger, Gesangswunder, Nutzerin
- Roland Gratzer, Mediendrüse
- Max Kossatz, der @karli




William Gibson ist verhaltensauffällig.

Nominierungsliste 2009:

1. Nominierung: die ORF ON-Direktoren für 15 Jahre fehlende Barrierefreiheit im Scheißinternet und generelle Ignoranz; denn ORF ON endet als Versorgungspostenpool, der sich in der Konzeption von ORF-Dörfern und TV-Theken ergeht, anstatt eine umfassende Internetstrategie zu entwickeln.

2. Nominierung: Plagiatsjäger Stefan Weber für seine Leistungen als Blockwart eines konservativen Wissenschaftsbetriebes, der Studierenden Dummheit und Internetkriminalität vorwirft, anstatt Überlegungen über einen zeitgenössischen Wissenschaftsbetrieb des Web 3.0 zu machen.

3. Nominierung: der Bühnenabend "Menschmaschine" im Rabenhof in der Kategorie fehlgeleitetes Infotainment für die Leistung, das Web 2.0 auf die Formel "Beidlwitze" zu reduzieren.

4. Nominierung: Ibrahim Evsan - stellvertretend für alle Social Media Gurus, die den Übergriff der Technik ("Fixierungscode") predigen und gut daran verdienen.

5. Nominierung: Armin Thurnher in der Kategorie beleidigter Leitartikler; große Verdienste um die österreichische Medienlandschaft sind noch lange kein Freibrief für unreflektiertes Gegrantel.

6. Nominierung in der Kategorie Abmahnwahn: Jako und Jack Wolfskin für ihren unglaublichen juristischen Umgang mit Kleinst-Bloggern und Hobby-Bastlern mit Netzzugang

7. Nominierung in der Kategorie ProfilneurosendistinktionsgewinnlerInnen: ein paar KolumnistInnen (u.a. Doris Knecht und Polly Adler/Angelika Hager) für ihre medialen Anti-Social-Media-Koketterien.

8. Nominierung: die Wiener Grünen für ihre missglückte politische Kommunikation im Netz und das Verpassen einer einmaligen Chance.

9. Nominierung: Franz Medwenitsch für seine jahrelange Tätigkeit als Blockierer von fairen Verwertungsmodellen und diesbezüglicher lobbyistischer Begleitung von allen Gesetzesnovellen auf staatlicher und gemeinschaftlicher Ebene.

10. Nominierung: Wolfgang Schüssel - fürs Lebenswerk in der Bereitung internetfreier Minuten, denn er strafte die von ihm ungeliebte "Internetgeneration" mit einer miserablen Telekom-Regulierungspolitik ab.

Und der Wolfgang Lorenz Gedenkpreis für internetfreie Minuten 2009 geht an:

+++Die Wiener Grünen+++

Welche Chance die Wiener Grünen im Umgang mit neuen Formen netzgestützter Bürger/innenbeteiligung (die Netzinitiative Grüne Vorwahlen) vergeben hat, werden manche Funktionär/innen der Partei in ihrer eigenen Funktionsperiode gar nicht mehr realisieren können.

In einer Partei, die aus den BürgerInneninitativen der 1980er hervorgegangen ist, wäre es mehr als notwendig gewesen, die neu aufkommenden Politik- und Partizipationsansätze der NetzuserInnen einzubeziehen.
Doch ein ignoranter Parteikader machte die Schotten dicht, und wies bewegte SympathisantInnen zurück. Zweifelsohne eine vertane Chance, sich als "first mover" im österreichischen Parteienspektrum zu
positionieren, der Antworten auf die neuen Phänomene der Repolitisierung (Stichwort
#unibrennt) findet. Man könnte bemerken: Was kümmert ein strategischer Missgriff einer Partei die Allgemeinheit? Der angerichtete Schaden wird dort zu einer echten multidimensionalen politischen Havarie, wo politische Motivation erdrückt, Begeisterung erstickt und Gestaltungswillen ausgedämpft wird. Aus diesem Stoff wird
Politikverdrossenheit gemacht.

Grund genug, den Wiener Grünen für die Neuerfindung der gläsernen Decke den #wolo09 zu verleihen.

Die Jury: Jana Herwig, Manfred Bruckner, Thomas Thurner, Ingrid Brodnig
(Wien, 14. November 2009)

(Foto: Robert Korbei, Christoph Chorherr; Die Grünen)

William Gibson ist verhaltensauffällig. Immer noch.

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(Anmerkung: Auch diese Homeseite wurde in Dreamdings erstellt, mit Stil2, und auch meinem Opa gefällt sie, der ist nämlich Java-Scripter!)