X-Sieve: cmu-sieve 2.0 Return-Path: Received: from oskar.mediaweb.at (mediaweb.at [62.116.30.87] (may be forged)) by mail.t0.or.at (8.11.6/8.11.6) with ESMTP id fATGvEB95892 for ; Thu, 29 Nov 2001 17:57:15 +0100 (CET) Received: from imo-m06.mx.aol.com (imo-m06.mx.aol.com [64.12.136.161]) by oskar.mediaweb.at (8.11.0/8.11.0) with ESMTP id fATGqVU25502 for ; Thu, 29 Nov 2001 17:52:31 +0100 Received: from JulianBlunk@aol.com by imo-m06.mx.aol.com (mail_out_v31_r1.9.) id 9.8e.1ee4b0d2 (3851); Thu, 29 Nov 2001 11:52:24 -0500 (EST) From: JulianBlunk@aol.com Message-ID: <8e.1ee4b0d2.2937c1c7@aol.com> Date: Thu, 29 Nov 2001 11:52:23 EST Subject: Georg Paul Thomann (bitte weiterleiten) To: gsindl@monochrom.at CC: sgud@gmx.de MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset="ISO-8859-1" X-Mailer: AOL 5.0 for Windows sub 120 Offener Brief an Georg Paul Thomann (mit der Bitte um Veröffentlichung) Sehr geehrter Herr Thomann, im Zuge meiner Recherchen fuer ein Schreibkraft Interview zum 11. September (Ausgabe 01/ 02) bin ich auf Ihre "kuenstlerischen" "Arbeiten" gestossen. Sie lesen die Anfuehrungszeichen zurecht, denn ich muss Ihnen sagen, dass ich nur selten, so empoert mich vorfand, wie beim Surfen durch Ihre Internetseiten. Insbesondere Ihre Biographie empfinde ich als anmassend und oberlehrerhaft. Und doch darf ich Ihnen sagen: die Empoerung ist gewichen. Ihr hat Platz gemacht die Bewunderung und ein Respekt vor Dichte, Ausdauer und Breite, stets das Ziel vor Augen, angesichts des eigenen, nicht immer so beflissenen, wenn auch bemuehten, Lebenslaufes, dem es nicht an Ambition, so doch aber an Mitteln fehlt. Ich komme zum Punkt. Ihr Bild aus dem Jahre 1979 " Mahn- und Warndreieck" nimmt mit seherischem Weitblick vorweg, was sich dieser Tage so brutal in die Geschichte des Abendlandes einschreibt. Meine Recherchen haben folgendes ergeben: wie Sie in dem Interview, das Anfang Januar veröffentlicht werden wird, nachlesen koennen, gehe auch ich von dem Triangle Krieg-Umwelt und (schließlich als deren Ventil) mediale Gewalt aus, wobei Ihr Bild, mich geschaerft hat in der Wahrnehmung eines auch hierarchischen Prozesses; ich präzisiere: man muss, um kulturelle Konflikte begreifen zu koennen, von einem dualen Schema ablassen, wie es uns Marx nahegelegt hat. Im Zeitalter elektronisch generierter Bilder sind gesellschaftliche Prozesse nicht mehr ueber Bewusstsein und Materie bzw. der unterstellten Analogie von unterdruecktem Bewusstsein und Arbeiter bzw. zwangslaeufiger Revolution (ergo Krieg) zu fassen. Im Gegenteil: erst das Suchen nach Aehnlichkeit generiert Täter. Diesem Aspekt werden Sie nicht nur inhaltlich gerecht, sondern exemplifizieren die Thematik auch formal: Rasterwahn und Proportionslehre werden von Ihnen nicht allein sehr richtig als Grundübel einer explizit westlichen Entwicklung entlarvt, die ihren Anfang, aber auch ihren Ausdruck, in der Zentralperspektive der Renaissance findet. Letztere wissen Sie auch formal mit minimalen stilistischen Mitteln einen adaequaten Ausdruck zu verleihen. Insgesamt wundert es mich also nicht, dass ein Kuenstler Ihres Formats nie das Forum geniessen konnte, das fuer amerikanische Pop und Kitschkunst zu allen Zeiten unkritisch und bereitwillig zur Verfügung steht. Dieser offene Brief moege in bescheidenem Masse dazu beitragen, Ihrer Stimme Gehoer zu verschaffen. Ich verbleibe mit Respekt und Hochachtung herzlich Ihr Hanns L. Straeuber