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Technical Paper No. 8327974 / 2a

0. Vorwort

"Acht Bände hat er geschrieben. Er hätte gewiß besser getan, er hätte acht Bäume gepflanzt oder acht Kinder gezeugt."
Georg Christoph Lichtenberg

Dieses Paper wird vom Institut für Freistilphysik an der Untergrunduniversität Wien/XXIII für den Gebrauch der technischen Mitarbeiter des Vereins zur Förderung der selektiven Rezeptionsforschung im Sinne futurologischer Belange publiziert - im Glauben daran, daß nichts die Arbeit unserer Mitglieder so sehr erleichtern kann, wie das Verständnis der Fundamente der real existierenden Realität. Diese Schrift erscheint in der Reihe "Die freistilphysikalische Bewältigung des exakten Alltags".


1. Die Grundlagen des Druckwellenkopplungsnetzwerks

"Es gibt Leute, die glauben, alles wäre vernünftig, was man mit einem ernsthaften Gesicht tut."
Georg Christoph Lichtenberg

1.1. Ein typisches Fallbeispiel

Mensch und Maschine (Bebilderung von rechts nach links): kompatible Systeme. Die Informationsübertragung erfolgt hier mittels Longitudinalwellen im gasgefüllten Raum zwischen Client und Server. Das Signal breitet sich mit etwa 340 Meter pro Sekunde in Form einer Kugelwelle aus. Durch die geringe Geschwindigkeit und die schlechte signal/noise-ratio auf größeren Distanzen (quadratische Signalabschwächung bei linearer Abstandsvergrößerung) ist das Verfahren nur in kleinen Netzwerken (VLANs, maximal LANs) praktikabel. 1 zu n Connections (Broadcasting) sind der Regelfall. Signalterminierung ist im Prinzip irrelevant: fortschreitende Wellen (aktive Terminierung durch "schallschluckende Wände" oder passive Terminierung in Räumen mit quasi-unendlicher Ausdehnung: "open air") werden von allen auf dem Markt befindlichen Systemen genauso akzeptiert wie stehende Wellen (hervorgerufen durch Interferenz mit Reflexionswellen innerhalb von Hohlkörpern vulgo "geschlossenen Räumen"). Dies sei erwähnt, weil der Irrglaube weitverbreitet ist, daß aufgrund von Signal-Terminierungsproblemen das Betreiben von Druckwellenkopplungsnetzwerken innerhalb von Hohlkörpern zu bevorzugen ist. Die tatsächlich meßbare Bandbreitenvergrößerung bei der Einschließung der Kommunikanten in Hohlkörpern ist aber allein auf die dadurch hervorgerufene Abschirmung gegen die allgegenwärtigen Störsignale aus der Umwelt zurückzuführen. Dadurch wird die Fehlerkorrektur entlastet, und der Nutzdatenanteil pro Zeiteinheit steigt an (siehe dazu das Konzept der Telefonzelle; auch der instinktive Drang, bei großen Außenlautstärken das Fenster zu schließen, scheint hier seine biologische Ursache zu haben).

1.2. Optimierungsanzätze

Obwohl das oben beschriebene Verfahren der Koppelung durch Druckwellensynthese/analyse gravierende technische Mängel aufweist, kann es sich aufgrund seiner großen Verbreitung leider noch immer halten. Da mit einem flächendeckenden Austausch der existierenden Systeme durch Lichtwellenleiter oder Richtfunkstrecken erst weit im nächsten Jahrtausend zu rechnen ist (gewisse evolutionsfeindliche Elemente unserer Gesellschaft behindern hier den Fortschritt), müssen wir uns in der Zwischenzeit mit verschiedensten Workarounds behelfen.

Man kann hier an den zwei Hauptschwachpunkten ansetzen: 1. der geringen Signalausbreitungsgeschwindigkeit und 2. der geringen Reichweite durch die quadratische Signalabschwächung.

1.2.1. Workaround Signalgeschwindigkeit und Dämpfung

Man lerne hier von den Ureinwohnern Amerikas: sie legen das Ohr auf den Boden, um herannahende Büffelherden früher zu hören. (Hier sieht man wieder einmal, daß die besten Erfindungen schon in der Natur vorkommen.) Gleiches tun sie bei Eisenbahnschienen. Ein wissenschaftlich exakterer Zugang zu diesem Phänomen zeigt uns, daß die Signalgeschwindigkeit und Signaldämpfung im wesentlichen von der Dichte des Trägermediums abhängt. Zur Optimierung dieser Parameter wäre also eine Kommunikation in fester oder flüssiger Umgebung anzustreben. (Man denke nur an die Redewendung: "Das können sie mir unter Wasser erzählen!", wenn besonders dringende Mitteilungen keinen Aufschub zulassen). Ist ein Wechsel des Mediums nicht durchsetzbar, so kann durch empfindliche Erhöhung des Luftdrucks ein gewisser Effekt erzielt werden ("dicke Luft").

1.2.2. Workaround Kugelwelle

Wie bereits erläutert, breitet sich das Signal als Kugelwelle im Raum aus. In vielen Fällen wird aber kein Gebrauch von der Broadcast-Möglichkeit dieses Konzepts gemacht. Hier bietet es sich an, durch Kanalisation entlang eines speziellen Luftwellenleiters die Signalabschwächung drastisch zu reduzieren. Dadurch wird eine Kommunikation über sehr weite Distanzen möglich: im Grenzfall sogar mit Schöpfergottheiten, wie das nebenstehende Relief der Verkündigung Mariä an der Marienkapelle in Würzburg von 1425 zeigt. (Eine genauere Erläuterung dieses Vorgangs würde den Rahmen unserer Untersuchung sprengen, da das Verständnis der Kommunikation über Systemgrenzen hinaus - Transzendenz also - schwierige mathematische Konzepte voraussetzt, die nur von speziell präparierten Katholiken voll verstanden werden können.)
Die bereits erwähnte Eisenbahnschiene stellt übrigens die perfekte Kombination aus beiden Workarounds dar und kann wohl als der technologische Höhepunkt dieses Ansatzes bezeichnet werden. An diesem Punkt ist das Konzept nicht weiter ausreizbar und sollte zugunsten modernerer Systeme aufgegeben werden.


2. Verbreitete Anwendungen des Druckwellennetzwerks

  1. Opernkonzerte
  2. Publikumsbeschimpfungen
  3. Podiumsdiskussionen
  4. Liebesgeflüster
  5. Mordgeständnisse
  6. Jodeln und Juchuchzen
  7. Agitation an der Klagemauer
  8. Urschreitherapie
  9. warmherzige Begrüßungen
  10. und last but not least: Koordination verbrecherischer Organisation und verbale Pornographie (hier muß staatliche Medien-Kontrolle gefordert werden!)

3. Ein kurzer Exkurs in aktuelle Grundlagenforschung des Druckwellennetzwerks

"Die amseln haben alles gesehen und gehört, können es aber keinem mitteilen; sie sind geheimnisträger mit gelben schnäbeln."
H. C. Artmann

Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück - meint zumindest der Volksmund. Tatsächlich sind aber nur die wenigsten Vögelchen unserer heimischen Wälder in der Lage, beliebige Wellenformen so getreu zu reproduzieren, daß man sie als Signalreflektoren, Repeater oder Relaisstationen einsetzen könnte.

Abbildung der Gesangsstrophe einer Goldammer aus "Wie die Alten sungen..." (Kosmos Bibliothek), oben: Klangspektrum und Umschreibung des Gesangs in unsere Sprache, Mitte: Spektrogramm anderer Einstellung, unten: Lautstärkekurve.

Wie man anhand der Abbildung unschwer erkennen kann, benutzt die Goldammer nicht nur eine unterschiedliche Signalcodierung wie homo sapiens, sondern auch ein anders gestaltetes Übertragungsprotokoll auf Applikationsebene. Das System unterliegt keiner Normierung, ist vollständig proprietär und undokumentiert. Alle unsere Kenntnisse über die eingesetzen Protokolle wurden allein auf der Grundlage von Reverse-Engineering gewonnen und stehen daher auf wackligen Beinen. Es ist daher davon abzuraten, Goldammern über selbstgebastelte Gateways und Treiber in größere Netzwerke zu integrieren. Sollte es dem Hersteller einfallen, das Protokoll zu modifizieren, wären nichtreproduzierbare Fehler in weiten Teilen des Netzwerkes an der Tagesordnung. Der Einsatz derartiger Systeme in Netzwerken der Flugsicherheit kann nur als unverantwortlich bezeichnet werden.

Die Konzeption der erforderlichen Geräte-Treiber wird auch dadurch kompliziert, daß die Übertragungsprotokolle auch noch je nach Herstellungsort variieren:

Dialekte des Gartenbaumläufers.

Anscheinend nimmt hier jeder Betrieb des Herstellers seine eigenmächtigen Modifikationen vor...


4. Nachwort

Insgesamt muß konzediert werden, daß dieser Forschungszweig noch ganz am Anfang steht, und daß die Probleme die bereits erzielten Ergebnisse noch bei weitem übertreffen. Aber machen wir doch nicht den Fehler jener, die die Grundlagenforschung diskreditieren, weil sie jedes Forschungsergebnis sofort wirtschaftlich verwertet sehen wollen. Niemand weiß, wo die wahren Geheimnisse der Natur versteckt sein könnten und wo uns ihre Entdeckung hinführen wird. Wo würden wir heute wohl stehen, hätten wir denen geglaubt, die Thomas Alva Edison für verrückt erklärten, als er in seinen Labortisch biß, um besser hören zu können?


5. Credits

Ohne ihn wäre all dies nicht möglich gewesen:


"Piep, Piep..."